Zu sagen, es wäre schnell vergangen die Zeit der Entwicklungszusammenarbeit in Indien und für den CMD/CMS, das stimmt so in jedem Fall nicht.
Die Zeit/meine Zeit hatte ganz unterschiedliche „Zustände“:
unwirkliche Zeiten des Erlebens von Distanzen im öffentlichen Straßenraum, in Bussen ohne Türen und Straßen auf denen alle gleichzeitig in erlebt alle Richtungen fuhren
spannende Zeiten, wenn ich bis zum Ende hin immer noch nicht ganz sicher wusste, was ich esse, aber mehr und mehr erlebte, dass das was ich esse stets gut und bekömmlich war
geronnene Zeit, Zeit die sich fast endlos anfühlte, wenn ich über Stunden in einer tamilischen Sprachwelt saß und dabei aber nicht integriert war, wenn ich nicht wusste, was als nächstes kommt und auf das Spüren reduziert schien
brenzlige Zeit, wenn der stechende Geruch der zick Müllfeuer die Straßenzüge säumt, der Staub in den Sonnenstrahlen wirbelt und der Hals brennt – tagsaus, tagein
vertraute Zeit, zu erleben, dass sich Beziehungen über Kulturen und Sprachen hinweg ergeben und entwickeln, dass in diesen Vertrauen wächst und Achtsamkeit entsteht (der schwarze Tee, der statt dem Milchtee dasteht, oder eine mandarinen statt Keksen)
vertraute Zeiten auch zu erleben,was geschieht als zeitweise andere deutsche Volunteers da waren und gemeinsame Reflexionen und Gespräche, teilen und teilhaben in einer Kultur und Sprache stattfinden konnte – entspannend, entlastend durch das „Gleichschwingen“, eingerahmt zu sein in die vertraute Werte- und Sprachenwelt
Zeit Ressourcen zu entdecken und mich mit Überfluss auseinanderzusetzen – was heißt Armut, was bedeutet es für das Leben und Erleben und was brauchen „wir“ wirklich? Für diese/meine Auseinandersetzung habe ich mehr als genug Impulse erhalten, entdecken dürfen, was „man zum Leben braucht“ und was man für die (Weiter)Entwicklung sozialer Arbeit benötigt (zu Letzerem erstmal uns selbst, unsere Persönlichkeit, unser Esprit, unsere Zuversicht – und GEMEINSCHAFT)
freudig, lachende Zeiten, wenn die Kinder an manchen Standorten mich wieder und wieder sahen, lachten, sich freuten, Ballons ergatternd und winkend „Aunty, Aunty“ rufend – so oft, so freudig empfangen werden – das fehlt schon jetzt!
Zeit auf der Zerreissprobe zwischen stehen gebliebener Zeit und beschleunigter Zeit, zwischen archaischen Strukturen und Methoden der Haushaltsführung und Bewirtschaftung und moderner Informationstechnologie; zwischen hier und heute, vieles von vor 50 Jahren oder Jahrhunderte bewährt – gleichzeitig (Feuer machen zum Reiskochen oder Geräusche stapfend zum Fischfang mit demn Smartphone am Ohr). immer wieder kaum auszuhalten
Zeit zu Staunen wie Impulse durch Gesten im KiTaAlltag, Impulse durch Beratungen in der Fortbildung bereits Tage später erkennbar und umsetzbar schienen
Zeit von einander zu lernen – nicht nur zwischen Kokosnüsse schaben und Apfelkuchen backen, sondern stets, wenn wir bereit waren sensible zu sein, achtsam, wertschätzend, all die „Containerworte“ bemühend, aber in der tat sie sind der Schlüssel zum Miteinander (überall auf der Welt)
Zeit miteinander zu lernen und zu einer Gemeinschaft zu werden, in den unterschiedlichen Kontexten, so auch bis ins Management hinein
Abschlussfoto aus der Hausmütterschule mit den Lehrerinnen und den anderen deutschen Volunteers
und Zeiten sich neu zu vereinbaren, nun wissend mit dem Auftrag zur Rahmenkonzeption und Fort/Weiterbildung wird sich Zusammenarbeit vielleicht verstetigen – mal sehen, ob die kommenden Zeiten neue, vertiefende Impulse mit sich bringen werden?
auf meine Teilhabe und Mitwirkung
an der aktuellen Debatten um die Aufnahme und das Einbinden von Kindern aus anderen Kulturen und mit Fluchterfahrung
an der weiteren Auseinandersetzung um die Beachtung von Grundbedürfnissen noch nicht sprechender Kinder in der Krippenarbeit
an der Suche und Entwicklung „der Lösung“ für Inklusion und dem Respekt vor Diversität
hat die Zeit/meine Zeit in Indien in jedem Fall erheblichen Einfluss; wo „genau“ es hinführen wird, das weiß ich aktuell, nun wenige Tage zurück Mitte März 2016 ebenso wenig, wie ich wusste, was auf mich zukommt, als ich am 21.12.2015 in Indien gelandet bin.
Ich freue mich auf weiterführende Gespräche, auf das Teilen vieler anderer Erfahrungen rund um interkulturelle Erfahrungen (und wenn uns bewusst wird; der Respekt vor der anderen Kultur fängt bei unserem Nachbarn an!)
Kariane Höhn
Schreibe einen Kommentar