Die Erwartung sich auch als Europäerin den Gepflogenheiten anzupassen, sind groß und damit der Löffel, als Besteck genutzt, nach 2 Tagen verbannt.
Was passiert? Erstaunlich schnell entwickeln sich die Fertigkeiten der rechten Hand unterschiedlichste Speisen zu mischen und habhafte Bällchen zu erstellen.
Spannender ist jedoch die Wahrnehmung der sowieso fremden Speisen – selten weiß ich was ich essen (außer beim Reis, Pfannkuchen und Bratkartoffeln), so ist das Begreifen der Speise ein deutlich erweiterter Zugang und eine Vorbereitung auf die Verkostung. Ich weiß dann, ist sie warm oder kalt, ist sie stückig oder weich. Gemüse wird hier ganz klein geraspelt und angedünstet mit Cocosraspel – das fühlt sich komplett anders an als es aussieht. Durch die Hand erfahre ich eine sinnliche Erweiterung rund ums Essen. Noch kann ich mich dem Kneten des Essens der Inder nicht ganz anschließen, auch nicht der Menge Soße – Trockeneres ist mir lieber.
Und klar, dass das Glas immer links steht – denn mit der rechten Hand läßt sich nun wirklich kein Glas oder Becher mehr sinnhaft nutzen.
Interessant ist auch, dass sich über die Hand der Geruch der Speise(n) anders zu entfalten scheint – intensiver? Ich kann es nicht beschreiben – anders eben!
Und die Hand, die Haut verändert sich in Geruch und Geschmeidigkeit durch die ungewohnten Fette.
Essen mit rechts?
in jedem Fall eine Sache, die man durch aus – unserem Sprichwort folgend, als Rechtshänderin „mit links“ erlernen kann und schnell gar nicht mehr komisch ist.
Die Aussage eines Schweizers im Rahmen eines vor Ort Besuchs, dass es für ihn nicht vorstellbar ist in Indien bei einem Geschäftsessen mit der Hand zu essen, entsprach nicht meiner Beobachtungen und der erlebten Erwartungen an mich – im Gegenteil, in den formaleren Anlässe, in die ich einbezogen war, tauchte dann immer verspätet der Löffel in einem kleinen Schälchen auf. Das freudige Aufblitzen in den Augen der Andienenden und der Mitessenden, selbstverständlich das Wasser zum Händewaschen zu suchen und mit der Hand zu essen, bezeugt – sich in den Kulturraum einfinden, zeigt an ihm interessiert zu sein, anzukoppeln – zumindest „mit rechts“.
Mal sehen was meine kleine Enkelin sagt, wenn die Oma plötzlich auch mal mit den Fingern ißt!
Die Freude der mit den Fingern essenden Kinder neu nachvollziehen können – und unsere Freude und der Genuss die Pommes mit den Fingern zu angeln oder den Fasnetskrapfen mit dicker Zuckerschicht in der Hand zu halten – kämen wir da auf die Idee diesen unmittelbaren Genuss mit Messer und Gabel zu teilen? – wohl kaum!
Wenn Sie Interesse an weitergehenden Ausführungenrund um das Essen in der indischen Kindertagesbetreuung haben – so wie ich es erleben konnte, melden Sie sich gerne.
Olivia
Liebe Frau Höhn, mit großem Interesse lese ich ihren interessanten Blog und das Fernweh nach Indien brennt in mir… Ich finde es toll, was Sie auf die Beine stellen und bereits gestellt haben. Vielen Dank, dass Sie mir durch ihr detailliertes Schreiben ein wunderschönes Fenster öffnen. Ich finde es toll, dass Sie die Kinder begleiten und ihnen die Möglichkeit bieten, ihren Weg zu finden und deren Stärken und Persönlichkeiten fördern.
Ich bin zur Zeit in der Ausbildung zur Erzieherin in der Europaklasse am Institut für Soziale Berufe und habe vor, nach meiner Ausbildung im asiatischen Bereich tätig zu werden. Ich bin des öfteren in Indien gewesen, bin viel gereist und war auch in etlichen Ashrams. Indien verändert einen… Man kann das Land verlassen, aber das Land selbst verlässt einen niemals mehr. Ich habe große Ehrfurcht vor diesen wunderschönen Menschen und fühle eine innige Verbindung. Und ich liiiiiebe es, mit der Hand zu essen!!!! Wer weiss, vielleicht werden sich unsere Wege eines Tages mal kreuzen…
Ich würde es schön finden, wenn Sie mir Ihre Email zukommen lassen würden.
Herzliche Grüße vom Bodensee,
Olivia
Ursula Straubinger
Liebe Frau Höhn,
es ist immer ein Erlebnis und erfrischend Ihre Beiträge zu lesen. Was wohl unsere Pädagogen sagen würden….hier werden den Kindern ja mühsam das Essen mit Besteck beigebracht. Herzliche Grüße nach Indien schickt Ihnen Straubi
Barbara Baedeker
Liebe Kariane,
in einer guten Woche werde ich die erste Veranstaltung 2017 zum Thema „Bildungsort Mahlzeit – am Esstisch oder am STR-Esstisch“ machen und da werde ich diesen Beitrag genüsslich vorlesen.
Überhaupt werden Dir die Ohren klingeln, alldieweil ich bestimmt von deinem lebendigen workshop am 8. Bundesnetzwerk-Treffen Fortbildung Kinder bis drei erzählen werde, bei dem ich mit Vergnügen so viel von Dir gelernt habe – herzlichen Dank dafür!!
Dir ein gelingendes Neues Jahr 2017!!
Herzlich
Barbara